Einführung, Aufbau und Funktionsweise von Operationsverstärkern

Im vorherigen Modul wurde erläutert, wie mit Hilfe von ein- und mehrstufigen Transistorverstärkern, Signale mit geringen Eingangsamplituden verstärkt werden können. Diese Verstärkerschaltungen wurden vor allem in der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik eingesetzt und bis in die 1950er Jahre diskret aus Elektronenröhren oder Transistoren aufgebaut. Die Entwicklung der „integrated curcuits“ ermöglichte ab Ende der 1960er Jahre die Miniaturisierung von Schaltungen und dadurch die Bereitstellung von modularen Bausteinen für die Hardwareentwicklung. Dies galt auch für die in den 1940er Jahren entwickelte Differenzverstärker, die aufgrund ihres zunächst sehr verbreiteten Einsatzes in Analogrechnern auch als „operational amplifier“ (zu deutsch „Operationsverstärker“ von „Operator“) bezeichnet werden. Die Grundlagen zum Thema „Operationsverstärker“ werden in diesem Modul vermittelt.

Es sollen im Rahmen dieses Kapitels folgende Kompetenzen erworben werden:

Lernziele: Operationsverstärker

Die Studierenden können

  • den Aufbau eines einfachen Operationsverstärkers angeben.
  • das Funktionsprinzip eines Operationsverstärkers erläutern.

1 Aufbau und Funktionsweise

Operationsverstärker (auch kurz als OPV oder OpAmp bezeichnet) zeichnen sich dadurch aus, dass sie als Universalverstärker aufgebaut sind und ihre Funktion maßgeblich durch äußere Beschaltung bestimmt wird. So lassen sich mit dem gleichen Baustein Spannungen verstärken, Rechenoperationen wie Additionen, Subtraktionen oder Integrationen durchführen und Signale schalten. Solche Operationalverstärker sind beispielsweise in der Mess- und Regelungstechnik, der Signalverarbeitung und der Signalformung unerlässlich. Im Folgenden ist ein aus diskreten Transistoren aufgebauter Operationsverstärker und ein integrierter Schaltkreis dargestellt. Durch die direkte Kopplung der Verstärkerstufen können Operationsverstärker Gleich- und Wechselspannungen verstärken und werden aus diesem Grund der Gruppe der Gleichspannungsverstärker zugeordnet.

PIC

Abbildung 1: Diskret aufgebauter Operationsverstärker (Quelle: Analog Devices, Wikipedia, Lizenz CC-BY-SA)

PIC

Abbildung 2: Operationsverstärker monolithisch in Dual in-line package (DIP) (Quelle: Wollschaf, Wikipedia, (GNU-Lizenz für freie Dokumentation – mit Namensnennung))

Die Funktionsweise lässt sich gut an einem vereinfachten Ersatzschaltbild erklären (siehe Abbildung 3). In dieser Abbildung ist ein vereinfachtes Ersatzschaltbild eines OPVs aus Bipolartransistoren dargestellt. Heute werden Operationsverstärker vermehrt aus Feldeffekttransistoren (FET) aufgebaut. Die Umsetzung der Verstärkerschaltungen mit FETs erfolgt aber sehr ähnlich zu Bipolartransistoren, weswegen die Funktionsweise hier mit einer Art von Transistoren gezeigt werden soll. Die NPN-Transistoren \(T_1\) und \(T_2\) sind identisch und bilden den Eingang des Operationsverstärkers. Zwischen dem mit „+“ gekennzeichneten Eingang und dem mit „-“ gekennzeichneten Eingang wird die zu verstärkende Differenzspannung \(U_{\textnormal {Diff}}\) angelegt1. Die Eingänge werden als nicht-invertierender Eingang „+“ und invertierender Eingang „-“ bezeichnet. Dieser Differenzverstärker am Eingang des OPVs ist in Abbildung 3 rot umrandet. Der Transistor \(T_3\) funktioniert durch die Verschaltung mit den Dioden \(D_1\) und \(D_2\) wie eine Stromquelle. Die zwei Dioden sorgen für eine Regulierung der Basis-Spannung an \(T_3\) (dieser Teil der Schaltung ist lila markiert).

Wenn die nicht-invertierte Eingangsspannung steigt (A), sinkt der Widerstand des Transistors \(T_2\). Dies führt zu einer Reduktion der Spannung an dessen Kollektor und zu einem Anstieg am Emitter (B). Da die Basis des Transistors \(T_4\) mit dem Kollektor von \(T_2\) verbunden ist, verursacht dies einen entsprechende Spannungsreduktion an der Basis von \(T_4\) (C). Infolgedessen wird der Kollektor-Emitter-Pfad des PNP-Transistors \(T_4\) hochohmiger, so dass mehr Strom durch den Lastwiderstand \(R_{\textnormal {L}}\) fließt (D). Dadurch erhöht sich der Spannungsabfall über \(R_{\textnormal {L}}\) und somit die Spannung am Ausgang \(U_{\textnormal {A}}\) (die Ausgangsstufe des Verstärkers ist gelb markiert).

\(-\)\(+U_{\textnormal {B}}\)R\(-U_{\textnormal {B}}\)DD\(+\)\(U_{\textnormal {A}}\)\(U_{\text {Diff}}\)\(_{\textnormal {L}}\)\(_1\)\(_2\)

Abbildung 3: Verhalten eines vereinfachten Operationsverstärkers bei Anlegen einer positiven Differenzspannung am Eingang. Die blauen Pfeile geben an, wie sich das Potential am Schaltungsknoten ggü. eines ausgeglichenen Eingangs \(U_{\textnormal {Diff}}\) = 0 verschiebt.

Erhöht sich dagegen die invertierte Eingangsspannung, verringert sich der Widerstand im Kollektor-Emitter-Pfad des Transistors \(T_1\) (siehe Abbildungen 4). Dies führt zu einer Verringerung der Spannung am Kollektor von \(T_1\) und einer gleichzeitigen Erhöhung am Emitter. Da die Emitter von \(T_1\) und \(T_2\) miteinander verbunden sind, steigt auch die Spannung am Emitter von \(T_2\) an. Dadurch verringert sich die Spannungsdifferenz zwischen Basis und Emitter von \(T_2\), wodurch sein Kollektor-Emitter-Pfad hochohmiger wird. Infolgedessen steigt die Spannung am Kollektor von \(T_2\) an, wodurch sich die Basisspannung von \(T_4\) erhöht. Dadurch wird der Transistor \(T_4\) resistiver, was den Stromfluss durch den Widerstand \(R_{\textnormal {L}}\) verringert und in der Folge die Spannung an \(R_{\textnormal {L}}\) absenkt. Die Ausgangsspannung dieses Operationsverstärkers kann so zwischen \(+U_{\textnormal {B}}\) und \(-U_{\textnormal {B}}\) gesteuert werden.

\(-\)\(+U_{\textnormal {B}}\)R\(-U_{\textnormal {B}}\)DD\(+\)\(U_{\textnormal {A}}\)TTTT\(U_{\text {Diff}}\)\(_{\textnormal {L}}\)\(_1\)\(_2\)\(_1\)\(_2\)\(_3\)\(_4\)

Abbildung 4: Verhalten eines vereinfachten Operationsverstärkers bei Anlegen einer negativen Differenzspannung am Eingang. Die blauen Pfeile geben an, wie sich das Potential am Schaltungsknoten ggü. eines ausgeglichenen Eingangs \(U_{\textnormal {Diff}}\) = 0 verschiebt.

In dieser Schaltung sind bereits einige wichtige Eigenschaften des reellen Operationsverstärkers ablesbar:

Merke:

1.
Die eingangsseitige Stromaufnahme des Verstärkers ist abhängig von den Transistoren \(T_1\) und \(T_2\). Diese Stromaufnahme ist in der Regel sehr gering und beträgt einige nA bis einige hundert pA. Die geringe Stromaufnahme ergibt sich durch die hochohmige Kollektoreschaltung der beiden Eingangstransistoren.
2.
Die Verstärkung ist durch die Versorgungsspannung nach oben und unten begrenzt.
3.
Der verfügbare Ausgangsstrom ist durch die Betriebsspannungsquelle und den Transistor \(T_4\) vorgegeben.

1Alle in diesem Modul vorkommenden Ströme und Spannungen können zeitlich veränderlich sein und werden im Folgenden nur aufgrund der Übersichtlichkeit nicht mit \(U_{\textnormal {E/A/...}}(t)\) sondern mit \(U_{\textnormal {E/A/...}}\) bezeichnet

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