Handreichung
Diese Handreichung dient als offizieller Leitfaden zur Nutzung und Adaption der im Rahmen des Verbundprojekts „GET it digital“ entwickelten Lehr- und Lernmaterialien. Die Materialien wurden als Open Educational Resources (OER) konzipiert, um Lehrenden an Hochschulen ein didaktisch ausgereiftes und digitales Baukastensystem für die Grundlagen der Elektrotechnik (GET) bereitzustellen. Ziel ist es, die Qualität der Lehre zu steigern und Lehrenden eine effiziente Gestaltung ihrer Veranstaltungen zu ermöglichen.
Alle Materialien, einschließlich Skripte, Folien, Lernvideos, H5P-Lerneinheiten und Aufgabensammlungen, sind unter der CC BY-SA 4.0 Lizenz lizenziert. Diese Lizenz erlaubt die freie Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung der Inhalte unter Nennung der Autorenschaft. Ausgenommen hiervon sind lediglich explizit gekennzeichnete Elemente und Logos.
Zielgruppe und Lernziele
Die Lernziele der Materialien sind nach den Taxonomiestufen des Fakultätentags1 bzw. Fachbereichstags2 Elektrotechnik formuliert. Sie reichen von der grundlegenden Wissensaneignung bis zur Anwendung komplexer Verfahren. Die didaktische Konzeption zielt darauf ab, den Lernerfolg durch interaktive Elemente und die Möglichkeit des orts- und zeitunabhängigen Lernens zu erhöhen. Langfristiges Ziel ist die Reduzierung der Abbruchquoten in den ersten Semestern, indem die Materialien den Studierenden eine flexible und tiefgehende Auseinandersetzung mit den Lerninhalten ermöglichen.
Detaillierte Materialübersicht
Die Materialien umfassen 12 Module mit allen Grundlagen der Elektrotechnik. Für alle Module stehen Materialien der folgenden Medien [Format] (Downloadlink) zur Verfügung:
Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht, welche Software unter Anderem zur Erstellung der verschiedenen Medienformate verwendet wurden.
Der Sourcecode für Skripte, Folien, Handouts und Videos ist im GitHub-Repository (Link) verfügbar.
Die folgende Auflistung nennt zum Überblick stichpunktartig die wichtigsten Themen und Inhalte wie eingeführte Konzepte, Größen und Berechnungsmethoden der einzelnen Module.
- Elektrische Grundgrößen: SI-Einheitensystem, Zehnerpotenzen (Einheiten-Präfixe), elektrischen Ladung (Bohr'sche Atommodell, Coulombsche Gesetz, Flächenladungsdichte, Raumladungsdichte), das elektrische Feld (Feldstärke als Kraft pro Ladung, Elektrostatische Felder), das elektrische Potential (Definition über die Arbeit, Spannung) und das elektrische Strömungsfeld (Deinition der Stromdichte und Stromstärke)
- Energie und Leistung: Energieerhaltungssatz, verschiedene Energieformen, elektrische Energie(-speicher) (Kondensator, Spule, Galvanische Zelle), elektrische Arbeit, Leistung (elektrische Leistung, andere physikalische Leistungen als Potentialgröße mal Flussgröße), Wirkungsgrad (Verluste, Wärmedissapation)
- Elektrische Bauelemente: Elektrische Leitfähigkeit und elektrischer Widerstand (Driftgeschwindigkeit, Ladungsträgerdichte, Driftverhalten von Elektronen in Leitern, Spezifische Leitfähigkeit, Temperaturkoeffizienten, Kaltleiter, Widerstands Farbcodierung), Spannungs- und Stromquellen (ideale und reale Quellen, Umrechung von Quellen, Gleich- und Wechselstrom-/spannungsquellen), Kapazität und Kondensator (Dielektrikum, Permittivität, elektrische Flussdichte, Schaltverhalten), Induktivität und Spule (Permeabilität, Lenzsche Regel, Rechte Hand Regel, Schaltverhalten)
- Grundlegende Gleichstromnetzwerke: Zweipole und Zählpfeilsysteme, Grundstromkreis und Netzterminologie (Knoten, Zweige), Kirchhoffsche Sätze (Knoten- und Maschenregel), Widerstandsnetzwerke (Reihen- und Parallelschaltungen, Spannungs- und Stromteiler, Ersatzspannungsquelle/-stromquelle), Kondensatornetzwerke (Reihen- und Parallelschlatung, Spannungsteiler), Messen von Strom und Spannung (Voltmeter, Amperemeter, strom- und spannungsrichtiges Messen)
- Erweiterte Gleichstromnetzwerke: Knoten- und Maschenanalyse (Stromdichte im freien und strukturierten Raum, Exkurs Graphentheorie, benötigte Anzahl linear unabhängiger Gleichungen durch vollständigen Baum), Superpositionsprinzip (nach Helmholtz, Exkurs Systemtheorie, Kausalität, Zeitinvarianz, Linearität, Überlagerungssatz), Knotenpotentialverfahren und Maschenstromverfahren (Lineare Gleichungssysteme als Matrix mit Leitwertmatrix oder Widerstandsmatrix aufstellen und lösen)
- Magnetische Größen: Magnetismus (Magnetfelder, magnetische Feldstärke), Elektromagnetismus (Durchflutungsgesetz, rechte Hand Regel, magnetischer Fluss und magnetische Flussdichte, Permeabilität, Ferromagnetismus, Hysteresekurve), Magnetischer Widerstand (magnetischer Kreis), Lorentzkraft (Leiter und Leiterschleife mit Gleichstrom im Permanentmagnetfeld, Wirkprinzip von Elektromotoren), Induktion, Induktivität (über Feldgrößen, über magnetischen Widerstand, Luftspalt in Spulenkern), Energie im magnetischen Feld, Skin-Effekt (Skin-Tiefe), Hall-Effekt (Hall-Spannung)
- Periodische Größen: Komplexe Zahlen (Komplexe Zahlenebene, Graphische Darstellung, Euler'sche Formel, kartesische Form und Polarform), Zeigerdiagramme in der Wechselstromtechnik (Periodische Wechselgrößen im Zeitbereich, komplexe Drehzeiger im Bildbereich), Komplexe Wechselstromrechnung (Impedanz, Admitanz, Verhalten von Kapazitäten und Induktivitäten, Wechselspannungs- und Wechselstromquellen und deren Umwandlung), Effektivwerte (Kurvenform, Scheitelfaktor), Scheinleistung, Wirkleistung, Blindleistung (Gleich- und Wechselanteil), Drehstromsysteme (Symmetrische und unsymmetrische Komponenten in Stern- und Dreieckschaltung), Mehrphasensysteme im Mitsystem, Gegensystem und Nullsystem (Symmetrierung für unsymmetrische Komponenten)
- Schaltungen variabler Frequenz:
- Halbleiterbauelemente:
- Operationsverstärker:
- Elektrische Maschinen:
- Schaltvorgänge:
Eine gute Übersicht zu allen Themen und Gelegenheit zum Stöbern und Einlesen bietet außerdem das Gesamtskript (PDF-Link). Es umfasst die Skripte aller 12 Module und lässt sich gut über das Inhaltsverzeichni, die PDF Bookmarks, Suchfunktionen oder das Index-Register am Ende navigieren.
Auch bietet sich die HTML-Version der einzelnen Skripte auf dieser Website unter dem Punkt Module oder die HTML-Version für das Index-Register an, um über einschlägige Begriffe Kapitelstellen mit deren Erwähnung zu finden.
Planung einer Vorlesung mit den Materialien
Inhalte und Taxonomiestufen
Die effektive Planung einer Vorlesung beginnt mit der Auswahl der relevanten Inhalte. Für Studierende der Elektrotechnik werden diese beispielsweise vom Fakultätentag Elektrotechnik und Informationstechnik (Universitäten)3 oder vom Fachbereichstag Elektrotechnik (HAWs)2 festgelegt und jeweils mit den empfohlenen Taxonomiestufen verknüpft. Diese Empfehlungen bilden einen inhaltlichen und didaktischen Rahmen, der sicherstellt, dass die vermittelten Kompetenzen bundesweit anerkannten Standards entsprechen.
Im Grundstudium dominieren die Taxonomiestufen 1 (Wissen), 2 (Verstehen) und 3 (Anwenden). Höhere Stufen wie 4 (Analysieren), 5 (Entwerfen) und 6 (Bewerten) kommen hier lediglich in ausgewählten Themengebieten oder in vertiefenden Übungen zum Einsatz. Für Studierende anderer Fachrichtungen existieren vergleichbare Empfehlungen, z. B. vom Fakultätentag Maschinenbau oder dem Fakultätentag Informatik.
Bei der Nutzung dieser in einer Art Baukastensystems enthaltenen Materialien sind teilweise aufeinander aufbauen, so dass zum Verständnis der nachfolgenden Themen bereits von den Studierenden behandelt sein sollten. Eine Übersicht über die Abhängigkeiten der in Grundlagenwissen (Core), fortgeschrittenes Wissen (Advanced) sowie erweitertes Wissen (Extended) ist in der folgenden Grafik dargestellt.
Lernziele
Die sorgfältige Definition von Lernzielen ist entscheidend für eine zielgerichtete und effiziente Lehrveranstaltung. Sie dient als verbindendes Element zwischen den Inhalten und der gewählten Taxonomiestufe, und sollten die nach dem Durcharbeiten der Materialien erlangten Fähigkeiten der Studierenden als Aussagen beschreiben. Beispielhafte Lernziele sind zu Beginn und Ende eines jeden Moduls in den Foliensätzen sowie im Skript aufgeführt.
Eine konsequente Ausrichtung der Lernziele an den Taxonomiestufen und die bewusste Kombination verschiedener Medien steigern die Wirksamkeit der Lehre und erleichtern den Studierenden den Übergang von der reinen Wissensaufnahme hin zu einer sicheren Anwendung und Analyse des Erlernten.
Beispielhafte Integrationen (Universitäten & HAWs)
Nachfolgend sind einige Beispiele aufgeführt, welche der erstellten Materialien in beispielhafte real durchgeführte Lehrveranstaltungen an Universitäten bzw. HAWs durchgeführt wurden.
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Maschinenbau, Universität
In der Lehrveranstaltung "Grundlagen Elektrotechnik für Maschinenbau", welche im 3. Fachsemester gelesen wird, wird folgende Struktur unter Verwendung der angegebenen Module genutzt:
- Einführung: Teile von Modul 1
- Elektrostatisches Feld: Teile von Modul 1, Kraft- und Energiebetrachtungen aus Modul 2 sowie der Kondensator aus Modul 3
- Stationäre elektrische Ströme: Teile von Modul 1 sowie den elektrischen Widerstand aus Modul 3
- Gleichstromnetzwerke: Modul 4 (komplett) sowie Teile aus Modul 5
- Statisches Magnetfeld: Stationärer Teil aus Modul 6
- Zeitlich veränderliche Magnetfelder: Zeitabhängige Teile aus Modul 6
- Zeitlich veränderliche Spannung und Ströme: Modul 7 sowie Grundlagen der Ausgleichsvorgänge aus Modul 12
- Gleichstrommaschine: Nur Grundlagen zur Gleichstrommaschine aus Modul 11
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Informatik, Universität
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Elektrotechnik, HAW
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Fahrzeugtechnik, HAW
Adaption der Materialien auf eigene Vorlesungen
Nachfolgend Schritte zur Integration in eigene Lehrveranstaltungen.
Einrichten der LaTeX-Pipeline
Aufbau der LaTeX-Module (Folien und Skripte)
Bearbeiten der Lehrvideos
Nutzen und Bearbeiten der STACK-Aufgabensammlung
Integration didaktischer Methoden
Nutzen Sie die Materialien, um verschiedene didaktische Methoden effektiv umzusetzen. Beispielsweise können Studierende vor der Präsenzphase die Videos und Skripte eigenständig bearbeiten und während der Präsenzveranstaltung spezifische STACK-Aufgaben in Gruppen lösen.
Think-Pair-Share
Bei dieser Methode werden den Studierenden Verständnisfragen im Multiple Choice Format zum vorher vermittelten Stoff gestellt. Häufig werden dabei Fehlvorstellungen, welche typischerweise bei Studierenden herrschen, aufgegriffen. Anschließend werden die Studierenden aufgefordert, ihre Antwort mit Hilfe eines Audience Responses Systems wie beispielsweise PINGO3 einzugeben.
Anschließend sollen die Studierenden versuchen ihre Nachbarn von ihrer Antwort überzeugen bzw. sie ihnen plausibel zu erklären. Dadurch lernen die Studierenden die Denkweisen ihrer Kommilitonen kennen, und üben selber, ihre eigenen Gedanken zu den Problemstellungen klar zu strukturieren. Eine zweite Antwortrunde auf dieselbe Frage gibt nun Einblicke, ob der Prozess erfolgreich war.
Falls sich bereits in der ersten Fragerunde abzeichnet, dass nur die wenigstens Studierenden die Antwort auf die Frage kennen (z. B. < 30%), oder die Antwort bereits fast allen bekannt ist (z .B. > 80%), kann gegebenenfals auf eine zweite Runde verzichtet werden, und der bzw. die Dozierende sollte sich dem Thema selbst noch einmal ausführlich widmen, oder im zweiten Fall die Lösung mit einer kurzen Erklärung direkt liefern.
Problem-Based Learning (PBL)
Während in den Vorlesungen in der Regel nicht genug Zeit ist, bietet sich das Problem-Based Learning (PBL) beispielsweise im Tutorienbetrieb an. Dazu bekommen die Studierenden eine praxisnahe Problemstellung wie beispielsweise das Design und die Dimensionierung eines kleinen Messaufbaus, welche sie weitestgehdend eigenständig mit den zur Verfügung gestellten Aufgaben lösen sollen. Die Tutoren treten dabei nicht als klassische Lehrperson auf, sondern moderieren den Lernprozess in erster Linie. Diese Lehrform wird meist in Gruppenarbeit durchgeführt, wodurch in jedem Teilschritt Absprache der Gruppenmitglieder untereinander erzwungen wird, was jedem einzelnen Teilnehmer die Chance zu einer Selbstreflexion bietet. Diese Methode fördert die Problemlösekompetenzen der Studierenden sowie den Transfer theoretisch erlangten Wissens auf praktische Problemstellung.
Blended Learning
Je nach Struktur der jeweiligen Einrichtung können die Inhalte sinnvoll im Blended-Learning-Format unterrichtet werden, da sämtliche Materialien sowohl für die Verwendung in Vorlesung als auch für das Selbststudium vollständig aufbereitet sind. Studierende erarbeiten sich zunächst mithilfe von Skripten und Vorlesungsvideos die grundlegenden Konzepte in ihrem eigenen Lerntempo. Interaktive STACK-Aufgaben ermöglichen eine direkte Rückmeldung und festigen das Verständnis vor der Präsenzveranstaltung. In der gemeinsamen Vorlesungs- oder Übungszeit steht dann nicht mehr die reine Wissensvermittlung im Vordergrund, sondern die Anwendung auf komplexere Problemstellungen, die Diskussion typischer Fehler und die Klärung offener Fragen. Durch diese Struktur wird die Präsenzzeit deutlich interaktiver, und heterogene Vorkenntnisse lassen sich leichter ausgleichen. So entsteht ein flexibler und nachhaltiger Lernprozess, der sowohl Motivation als auch Lernerfolg steigert.
Schlussbemerkung
Hier, auf der offiziellen Projektwebseite, finden Sie alle Materialien, technische Dokumentationen und Anleitungen zur optimalen Nutzung der Werkzeuge wie STACK und zur Videoerstellung. Nutzen Sie diese Ressourcen aktiv zur Unterstützung Ihrer Lehrtätigkeit, und zögern Sie nicht, sich mit Fragen und Anmerkungen an die dort aufgeführten Kontaktadressen zu wenden.
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