Im Modul 10
Prinzip der Gegenkopplung
Stabilität von VerstärkerschaltungenNachdem die vorherigen Kapitel zunächst den inneren Aufbau des Verstärkers und das sich daraus ergebenden Modell sowie die im idealen Modell nicht beschriebenen, realen Effekte thematisierten, soll es in diesem Unterkapitel um die Beschaltung des Operationsverstärkers gehen.
Es sollen im Rahmen dieses Kapitels folgende Kompetenzen erworben werden:
Lernziele: Operationsverstärker
Die Studierenden können
Dazu soll ein Problem dargestellt werden, für dessen Lösung ein Operationsverstärker verwendet werden soll. Anhand dieses Problems soll die Verwendung von Operationsverstärkern Schritt für Schritt motiviert werden.
Beispiel 1: Teil 1: Entwicklung einer Verstärkerschaltung für Musiksignale
Bei der Entwicklung von Hi-Fi-Geräten müssen Verstärker an die Last (also den Lautsprecher) angepasst werden. Dazu wird ein Leistungsverstärker (d.h. eine Endstufe) benötigt. Eine solche Endstufe, die geeignet ist, das Signal eines Handys so zu verstärken, dass ein Lautsprecher damit betrieben werden kann soll hier aufgebaut werden. Ein vereinfachtes Ersatzschaltbild des Lautsprechers ist durch eine Induktivität mit einem in Reihe geschalteten Widerstand gegeben (siehe Abbildung 1). Das Eingangsspannungsniveau ist 1 V und es soll ein 4 \(\mathrm {\Omega }\) Lautsprecher betrieben werden (4 \(\mathrm {\Omega }\) bedeutet, dass der Lautsprecher bei 1 kHz eine Impedanz von 4 \(\Omega \) aufweist). Wie groß muss die Spannung am Ausgang des Verstärkers sein, damit der Lautsprecher bei 1 kHz 25 W aufnimmt. Wie kann hier vorgegangen werden, wenn eine Operationsverstärkerschaltung für die Lösung genutzt werden soll?
Lösung
Zunächst muss dazu die Spannung berechnet werden, die der Verstärker ausgeben soll. \begin {equation} U_{\textnormal {A}} = \sqrt {P \cdot R} = \sqrt {25~\mathrm {W} \cdot 4~\mathrm {\Omega }} = 10~\textnormal {V} \end {equation} Wie kann
nun mithilfe eines Operationsverstärkers der mit einem „?“ gekennzeichneten Teil der Schaltung
ersetzt werden, um eine notwendige Verstärkung von 10 zu erreichen (siehe Abbildung 1).
Wie aus vorherigen Kapiteln bekannt ist, besitzen Operationsverstärker einen invertierenden und einen nicht-invertierenden Eingang. Existiert zwischen diesen beiden Eingängen eine Spannungsdifferenz, so verstärkt der Operationsverstärker diese Differenz um ein Vielfaches, bis die Spannung die maximale Ausgangsspannung des Operationsverstärkers erreicht (siehe A in Abbildung 2). Die Slew-Rate (zu deutsch: Anstiegsrate) gibt an, wie schnell dieser Anstieg geschehen kann. Wird die Ausgangsspannung nicht auf den Eingang zurückgeführt, steigt die Ausgangspannung, bis das Niveau der Versorgungsspannung erreicht wird. Eine solche Beschaltung des Verstärkers wird als Komperatorschaltung bezeichet.
Dieses Verhalten ist für die meisten Anwendungen bei denen der Eingangsspannungssignal mit geringer Amplitude verstärkt werden soll, nicht erwünscht. Stattdessen werden Operationsverstärker meistens in der sogenannten Gegenkopplung (B) betrieben, bei der der Ausgang auf den invertierenden Eingang zurückgeführt wird. Der in (B) eingezeichnete Schalter sei zunächst geöffnet und der Operationsverstärker werde nicht mit Spannung versorgt. Zum Zeitpunkt 0 s wird der Schalter geschlossen und die Versorgungsspannung des Verstärkers eingeschaltet, wodurch die Rückführung des Ausgangssignals \(U_{\textnormal {A}}\) aktiv wird (C). Durch die Rückkopplung des Ausgangssignal wird so erreicht, dass die Spannung am invertierenden Eingang auf das Spannungsniveau der Ausgangsspannung angeglichen wird. Die in (C) dargestellte Verstärkerschaltung hat die Verstärkung 1 und wird als Impedanzwandler bezeichnet, da der Verstärker in dieser Schaltungsart aufgrund seiner hohen Eingangsimpedanz verwendet werden kann, um eine Schaltung mit hochohmigem Eingang zu realisieren (dies ist beispielsweise bei Messschaltungen für Spannungsmessungen notwendig). Für die Lösung des Anwendungsproblems ist diese Schaltung allerdings noch nicht geeignet, da eine Verstärkung von 5 gefordert ist. Um diese zu erreichen werden in die Verstärkerschaltung nun zusätzlich Widerstände eingebaut (wie in (D) dargestellt ist)1.
Beispiel 2: Teil 2: Entwicklung einer Verstärkerschaltung für Musiksignale
Im letzten Schritt muss ermittelt werden, wie die Widerstände in (D) gewählt werden müssen, damit sich eine Verstärkung von 5 ergibt. Dazu müssen zunächst die Maschengleichungen aufgestellt werden. Eine wichtige Annahme zur Aufstellung dieser Maschengleichung ist, dass davon ausgegangen wird, dass der Verstärker durch die Rückkopplung des Ausgangsignal die beiden Eingangssignale angleicht. Hier darf also geschrieben werden „Annahme: \(U_{\textnormal {dif}}~=~0\) V“. Somit ergibt sich für den invertierenden Eingang \(U_{\textnormal {E-}}~=~1\) V. Da weiterhin davon ausgegangen wird, dass kein Strom in die Eingänge hineinfließt gilt \(I_{\textnormal {R1}}~=~I_{\textnormal {R2}}\). Die Maschengleichung lautet auf Grundlage dieser Annahmen \begin {equation} U_{\textnormal {A}} = U_{\textnormal {R1}} + U_{\textnormal {R2}} = U_{\textnormal {E}} + I_{\textnormal {R2}} \cdot R_{\textnormal {2}} = U_{\textnormal {E}} + \frac {U_{\textnormal {E}}}{R_{\textnormal {1}}} \cdot R_{\textnormal {2}} \end {equation}
Dadurch ergibt sich das Ein-Ausgangsverhalten im zeitbereich zu folgendem Ausdruck. \begin {equation} \frac {U_{\textnormal {A}}}{U_{\textnormal {E}}} = \underbrace {(1+\frac {R_2}{R_1})}_{V} \end {equation}
Wird diese Gleichung nach \(R_2/R_1\) gelöst, ergibt sich das Verhältnis der Widerstände für das oben beschriebene Problem zu \(R_2/R_1 = 9\). Die Widerstände sollten hier nicht zu groß gewählt werden, da dann der Ausgleichsstrom zwischen Ausgang und Eingang zu klein werden könnte. Das kann zu einem starken Rauschen am Verstärkerausgang führen. Übliche Widerstandswerte sind in der Regel den Beispielschaltungen des Datenblattes eines Operationsverstärkers zu entnehmen. In diesem Fall könnte z.B. \(R_2=9~\textnormal {k}\Omega \) und \(R_1=1~\textnormal {k}\Omega \) gewählt werden.
Ähnnlich wie für die oben dargestellte Schaltung lassen sich auch für alle weiteren Operationsverstärkerschaltungen Übertragungsfunktionen herleiten. Das soll hier allerdings nicht gezeigt werden. Weitere Übertragungsfuktionen für einige ausgewählte Operationsverstärkergrundschaltungen können Tabelle 1 entnommen werden. In dieser Tabelle sind die die Schaltungen, die Bodediagramme mit Phasengang (rot) und Amplitudengang (blau) und die Übertragungsfunktionen angegeben. Nachdem nun die Beschaltung von Verstärkern vorgestellt wurde, soll im Folgenden Kapitel nun noch eine wichtige Eigenschaft von Verstärkerschaltungen thematisiert werden, die sich aus den genutzen Verstärkerbausteinen und der äußeren Verschaltung ergibt: Die Stabilität der Verstärkerschaltung.
| Schaltung | Frequenzgang und Gleichung | Erläuterung und Eigenschaften |
|
|
| Nicht-invertierender Verstärker
|
|
|
\[ U_{\textnormal {A}} = \frac {R_2}{R_1} U_{\textnormal {E}} \] | Invertierender Verstärker
|
|
|
| Komparator |
|
|
\[ \begin {aligned} U_{\textnormal {A}} = \underbrace {\frac {R_3} {R_1}}_{V_1} \cdot U_{\textnormal {E1}} + \underbrace {\frac {R_3} {R_2}}_{V_2} \cdot U_{\textnormal {E2}} \end {aligned} \] | Summierer |
| Schaltung | Frequenzgang und Gleichung | Erläuterung und Eigenschaften |
|
|
\[ \begin {aligned} {U_A} = {U_{{\textnormal {E2}}}} \cdot \underbrace { \frac {R_1 + R_2}{R_1} \cdot \frac {R_4}{R_3 + R_4}}_{V_2} - U_{\textnormal {E1}} \cdot \underbrace {\frac {R_2}{R_1}}_{V_1} \end {aligned} \] | Subtrahierer |
|
|
| Integrierer/Integrator
|
|
|
| Differenzierer
|
| Schaltung | Frequenzgang und Gleichung | Erläuterung und Eigenschaften |
|
|
\[ U_{\textnormal {A}} =-U_{\textnormal {T}}\cdot \ln {\left (\frac {U_{\textnormal {E}}}{R_1\cdot I_S}\right )} \] \[ U_{\textnormal {T}} = \frac {k_{\textnormal {B}} \cdot T}{e} \] \(e = \text {Elementarladung}\) \(k_{\textnormal {B}} = \text {Boltzmannkonstante}\) \(I_{\textnormal {s}} = \text {Sperrstrom der Diode}\)
| Logarithmierer |
|
|
\[ U_{\textnormal {A}} =-R_1\cdot I_{\textnormal {S}} \cdot e^{\frac {U_{\textnormal {E}}}{U_{\textnormal {T}}}} \]
| Potenzierer |
|
|
\[ \mathit {a_i} : \text {Amplitude Eingangsspannung i} \] \[ \mathit {\varphi _i} : \text {Phase Eingangsspannung i} \] \[ \mathit {A}_{A} = \sqrt {a_1^2 + a_2^2 + 2a_1a_2 \cos (\varphi _1 - \varphi _2)} \] \[ \mathit {\tan }(\varphi _A) = \frac {a_1 \mathit {\sin }(\varphi _1) + a_2 \mathit {\sin }(\varphi _2)}{a_1 \mathit {\cos }(\varphi _1) + a_2 \mathit {\cos }(\varphi _2)} \] \[ \text {Wenn} : R_2 = R_4 = R \] \[ U_{\textnormal {A}} = (1+ \frac {2R} {R_{\textnormal {g}}}) \cdot \frac {R_3} {R_2} (U_{\textnormal {E2}}-U_{\textnormal {E1}}) \] | Instrumentenverstärker
|
1Es lässt sich feststellen, dass sich für \(R_2 = 0\) und \(R_1 = \infty \) wieder die Schaltung des Impedanzwandlers ergibt. Der Impedanzwandler ist also ein Spezialfall des nicht-invertierenden Verstärkers.
...