Im Modul
Grundlagen Komplexe Zahlen
Mehrphasensysteme - Mitsystem, Gegensystem und NullsystemDie in der Wechselstromtechnik genutzen Zeigerdiagramme geben einen schnellen Überblich über die Größe und die Ausrichtung der Spannung und des Stromes. Die zugrunde liegenden Begriffe der komplexen Zahlenebene und der Aufbau von Zeigerdiagrammen wird folgend weiter Erläutert und an einem Beispiel erklärt.
Lernziele: Komplexe Zahlen
Die Studierenden können
Um den Aufbau von Zeigerdiagrammen zu Überblicken ist ein grundlegendes Verständnis über die komplexe Zahlenebene nötig. Für die elementaren Rechenoperationen reichen die natürlichen Zahlen mit Null und die rationalen Zahlen aus. Die rationalen Zahlen können als endliche oder periodische Dezimalzahlen dargestellt werden. Die irrationalen Zahlen lassen sich hingegen als Dezimalzahlen darstellen, welche unendliche viele Stellen aufweisen und dabei nicht periodisch sind. Die reellen Zahlen setzen sich aus den rationalen Zahlen und den irrationalen Zahlen zusammen. Allerdings ist beispielsweise das Wurzelziehen aus einer negativen Zahl in der reellen Zahlenebene nicht möglich. Hierfür wird die komplexe Zahlenebene eingeführt. in der komplexen Zahlenebene wird der Raum der reellen Zahlen um die imaginäre Einheit j erweitert. So ergibt in der komplexen Zahlenebene das Wurzelziehen aus -1 die imaginäre Einheit j.
\begin {equation} \mathrm {j}=\sqrt {-1} \end {equation}
Das Quadrieren der imaginären Einheit ergibt wiederum -1.
\begin {equation} \mathrm {j}^2=-1 \end {equation}
Eine komplexe Zahl Z beschreibt einen Ort in der komplexen Ebene. Um in einem zweidimensionalen Koordinatensystem einen Ort eindeutig festzulegen werden zwei Koordinaten benötigt. Die beiden Koordinaten zur Beschreibung einer komplexen Zahl Z werden in der komplexen Ebene als Realteil und Imaginärteil beschrieben (vgl. Gleichung 3). Komplexe Zahlen werden meist durch einen Unterstrich gekennzeichnet, wobei der Realteil und der Imaginärteil reelle Zahlen darstellen.
\begin {equation} \underline {Z}=Realteil+\mathrm {j} \cdot Imagin"arteil \label {GleichungKomplexeZahlen} \end {equation} \begin {equation} \underline {Z}=\Re (\underline {Z})+\mathrm {j} \cdot \Im (\underline {Z}) \end {equation}
In der Komplexene Ebene wird der Realteil auf die Abzisse und der Imaginärteil auf die Ordinate aufgetragen. Es werden die Abkürzungen Re = Realteil und Im = Imaginärteil verwendet. Das Koordinatensystem einer komplexen Ebene wird in der Abbildung 1 erläutert. Der Ort der komplexen Zahl kann durch Richtungspfeile, welche auch als Vektoren oder Zeiger bezeichnet werden, dargestellt werden. Die Darstellung der komplexen Zahl in kartesischen Koordinaten erfolgt durch die Zerlegung in Realteil der komplexen Zahl Re(Z) und Imaginärteil der komplexen Zahl Im(Z) kombiniert mit der imaginären Einheit j. Komplexe Zahlen können auch in Polar-Koordinaten dargestellt werden. Dies erfolgt durch den Betrag \(|\underline {Z}|\) der komplexen Zahl Z und durch den Winkel \(\varphi \), den der Zeiger der komplexen Zahl mit der reellen Achse einschließt.
Die beiden Darstellungsformen lassen sich ineinander transformieren. Behilflich ist hier die Euler’sche Formel. Die Euler’sche Formel zeigt, dass sich der Ordinatenwert und der Abzissenwert des Einheitskreises durch die trigonometrischen Funktionen Kosinus und Sinus berechnen lassen. Die Euler’sche Formel wird in der Gleichung 5 dargestellt.
\begin {equation} \mathrm {e}^{\mathrm {j} \cdot \chi } = \cos (\chi ) + \mathrm {j} \cdot \sin (\chi ) \label {GleichungEuler} \end {equation}
Unter Verwendung der Euler’schen Formel können durch die Hinzunahme des Betrages der komplexen Zahl die Polar-Koordinaten in kartesische Koordinaten transformiert werden. Dies wird durch die Gleichung 6 erläutert.
\begin {equation} \underline {Z} = |\underline {Z}| \cdot \cos (\varphi ) + \mathrm {j} \cdot |\underline {Z}| \cdot \sin (\varphi ) = \Re (\underline {Z}) + \mathrm {j} \cdot \Im (\underline {Z}) \label {GleichungKartesisch} \end {equation}
Über den Satz des Pythagoras lässt sich aus den bekannten Realteil und Imaginärteil der Betrag der komplexen Zahl für die Polar-Koordianten bestimmen. Der dazugehörige Winkel ergibt sich aus dem arctan mit dem Verhältnis aus Imaginärteil zu Realteil im Argument. Mit diesen Informationen kann eine komplexe Zahl wie in der Gleichung 7 in Polar-Koordinaten transformiert werden.
\begin {equation} \underline {Z} = \sqrt {(\Re (\underline {Z}))^2+(\Im (\underline {Z}))^2} \cdot \mathrm {e}^{\mathrm {j} \cdot \arctan (\frac {\Im (\underline {Z})}{\Re (\underline {Z})}) } = |\underline {Z}| \cdot \mathrm {e}^{\mathrm {j} \cdot \varphi } \label {GleichungPolar} \end {equation}
Merke: Darstellungsformen komplexer Zahlen
Kartesische Darstellung: \begin {equation} \underline {Z} = \Re (\underline {Z}) + j \cdot \Im (\underline {Z}) \nonumber \end {equation} Polarform: \begin {equation} \underline {Z} = |\underline {Z}| \cdot e^{j \cdot \varphi } \nonumber \end {equation} Trigonometrische Darstellung: \begin {equation} \underline {Z} = |\underline {Z}| (\cos (\varphi ) + j \cdot \sin (\varphi )) \nonumber \end {equation}
Zu den Operationen bei komplexen Zahlen zählt die Konjugation. Beim Konjugieren einer komplexen Zahl wird der j durch -j ersetzt (Negation des Imaginärteils). Die Konjugation wird wie in Gleichung 11 dargestellt mit einem Stern gekennzeichnet.
\begin {equation} \underline {Z}^* = (\Re (\underline {Z}) + \mathrm {j} \cdot \Im (\underline {Z}))^*= \Re (\underline {Z}) - \mathrm {j} \cdot \Im (\underline {Z}) \label {GleichungKonj} \end {equation}
Der Betrag einer komplexen Zahl lässt sich durch die Multiplikation der komplexen Zahl mit ihrer Konjugierten bestimmen (vgl. Gleichung 12). Statt des Betrages, welcher eine Wurzel enthält, wird auch das Betragsquadrat verwendet. Es stellt ebenfalls ein Maß für den Abstand der Zahl zum Ursprung dar, ist aber einfacher zu berechnen.
\begin {equation} |\underline {Z}| = \sqrt {\underline {Z} \cdot \underline {Z}^*} \rightarrow |\underline {Z}|^2 = \underline {Z} \cdot \underline {Z}^* \label {GleichungBetrag} \end {equation}
Bei der Addition und der Subtraktion von komplexen Zahlen empfiehlt es sich, diese zunächst in kartesiche Koordianten umzuwandeln. Auf diese Weise lassen sich der Realteil und der Imaginärteil der komplexen Zahl separat miteinander verrechnen. \begin {align} \underline {Z}_1+\underline {Z}_2 = \Re (\underline {Z}_1) + \Re (\underline {Z}_2) +j \cdot (\Im (\underline {Z}_1) + \Im (\underline {Z}_2)) \\ \underline {Z}_1-\underline {Z}_2 = \Re (\underline {Z}_1) - \Re (\underline {Z}_2) -j \cdot (\Im (\underline {Z}_1) - \Im (\underline {Z}_2)) \end {align}
Die Darstellung in Polar-Koordinaten empfiehlt sich für die Verrechnungen von komplexen Zahlen durch Multiplikation und Division. Die Multiplikation von komplexen Zahlen setzt sich auf dem Produkt der Beträge und der Summe der jeweiligen Winkel zusammen (vgl. Gleichung 13). Bei der Division werden die Beträge dividiert und die Winkel voneinander subtrahiert (vgl. Gleichung 14).
\begin {equation} \underline {Z}_1 \cdot \underline {Z}_2 = |\underline {Z}_1| \cdot |\underline {Z}_2| \cdot e^{j \cdot (\varphi _1+\varphi _2)} \label {GleichungMultiplikation} \end {equation}
\begin {equation} \frac {\underline {Z}_1}{\underline {Z}_2} = \frac {|\underline {Z}_1|}{|\underline {Z}_2|} \cdot e^{j \cdot (\varphi _1-\varphi _2)} \label {GleichungDivision} \end {equation}
Merke: Grundrechenarten komplexer Zahlen
Für die Addition und Subtraktion wird in der Regel die kartesische Darstellungsform für komplexen Zahlen verwendet. Bei der Multiplikation und Division von komplexen Zahlen wird die Polarform gewählt.
Da die Division zunächst nur für reelle Zahlen außer Null definiert ist, wird die komplexe Zahl im Nenner so erweitert, dass dieser reell wird. \begin {equation} \frac {\underline {Z}_1}{\underline {Z}_2} = \frac {\underline {Z}_1}{\underline {Z}_2} \cdot \frac {\underline {Z}_2^*}{\underline {Z}_2^*} = \frac {\underline {Z}_1 \cdot \underline {Z}_2^*}{|\underline {Z}_2|^*} \end {equation}
Durch die Addition einer komplexen Zahl mit ihrer konjugiert komplexen hebt sich ihr Imaginärteil auf (vgl. Gleichung 16). Entsprechend verschwindet durch die Subtraktion der Realteil (vgl. Gleichung 17). \begin {equation} \Re (\underline {Z}) = \frac {\underline {Z}+\underline {Z}^*}{2} \label {GleichungRealteil} \end {equation} \begin {equation} \Im (\underline {Z}) = \frac {\underline {Z}-\underline {Z}^*}{2j} \label {GleichungImaginärteil} \end {equation}
Mithilfe von Zeigerdiagrammen lassen sich komplexe Zahlen auch zeichnerisch lösen. Werden die komplexen Zahlen wie empfohlen in der kartesischen Form dargestellt, können die Bestandteile der Realteile und der Imaginärteile direkt abgelesen werden und in ein Koordinatensystem eingestragen werden. Die komplexen Zahlen werden beispielsweise in der Abbildung X eingetragenen. Bei der Addition von komplexen Zahlen wird entweder \(Z_\mathrm {1}\) an \(Z_\mathrm {2}\) gesetzt oder umgekehrt. Denn bei der Addition gilt weiterhin das Kommutativgesetz. Hier werden durch die gestrichelten Pfeile die Parallelverschiebungen von \(Z_\mathrm {1}\) und \(Z_\mathrm {2}\) angegeben. Die Verschiebungen enden beide an der selben Koordinate. Hier können separat der Realteil und der Imaginärteil aus der Summe der beiden komplexen Zahlen abgelesen werden.
Die zeichnerische Lösung der Subtraktion von komplexen Zahlen erfolgt vergleichbar mit der Addition. Zu beachten ist dabei, dass wie in anderen Zahlensystemen bei der Subtraktion von zwei komplexen Zahlen das Kommutativgesetz nicht gilt. Wird von der komplexen Zahl \(Z_\mathrm {2}\) \(Z_\mathrm {1}\) subtrahiert, ändert sich die Richtung von \(Z_\mathrm {1}\). Hier erfolgt dann wieder die Parallelverschiebung, allerdings lediglich von \(Z_\mathrm {1}\). An dem sich ergebenen neuen Vektor können dann wieder der Realteil und der Imaginärteil abgelesenw erden.
Die in der Abbildung 4 dargestellten komplexen Zahlen \(\underline {Z}_\mathrm {1}\) und \(\underline {Z}_\mathrm {2}\) werden zur Multiplikation in Polar-Koordinaten abgebildet. Durch die zuvor beschriebenen Rechnenregeln der Multiplikation für komplexe Zahlen können die Werte für die für das Ergebnis \(\underline {Z}_\mathrm {3}\) bestimmt werden. Die Multiplikation aus den Zeigerlängen gibt die Länge des Produktes an. Die Summe aus den beiden komplexen Zahlen den Winkel der neuen komplexen Zahl an.
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